Der Baumeister Johann Georg Schott

Er stammte aus Vaihingen an der Enz nordwestlich von Stuttgart, wo er im April 1690 geboren wurde. Wahrscheinlich ist er im Anschluß an seine Lehrzeit nach Norden gewandert. Während er dann um 1720 in der Werkstatt eines mir nicht namentlich bekannten Meisters in Heide arbeitete, starb dieser, und die Innung drängte Schott, seine Witwe zu heiraten. So war es damals in Handwerkerkreisen ein allgemeiner und zweckmäßiger Brauch, der eine Lebensversicherung ersetzte, denn so wurde der Betrieb weitergeführt, die Witwe mit den Kindern versorgt und ein bis dahin unbekannter Geselle plötzlich Betriebsinhaber. In diesem Fall sind den beiden Vernunftehepartnern zwei Söhne geboren, und Schott wurde als weithin gesuchter Baumeister bekannt. Das wird schon recht früh geschehen sein. Der 1611 erbaute Westturm, der St. Jürgen Kirche in Heide neigte sich 1724 bedenklich nach Westen.

 

Schott sicherte ihn mit gutem Erfolg. Als die Bartholomäuskirche in Wesselburen nach dem Großbrand 1736 wieder aufgebaut werden sollte, beriefen die Wesselburener ihn als Baumeister. Trotzdem eine Bauzeichnung schon vorlag, konnte Schott 1738 noch einige Änderungen durchbringen, und so entstand dieser wunderbare "Haubarg mit Zwiebelturm", der als markantes Bauwerk der Westküste in vielen Fernsehsendungen eingesetzt wird. Nach diesem erfolgreich abgeschlossenen Bauvorhaben wurde er als Großfürstlicher Landesbaumeister geehrt. Trotzdem war er bei seinen Leuten auch als Bullerjahn gefürchtet. Zum Beispiel sollte einmal bei diesem Bau ein mächtiger Balken eingesetzt werden, was Schott nach seiner Angewohnheit mit mächtigen Schimpftiraden in schwäbisch durchwachsenem Plattdeutsch begleitet. Ein hinter ihm stehender Pastor machte ihm deshalb mahnende Vorwürfe, was Schott zu der Entgegnung veranlaßte: 'Wenn de Herr Pastor dat beter kann, den beden se ein dor rop". Grundsätzliche Verstimmungen sind deshalb aber wohl kaum entstanden. 1739 baute er die Propstei in Heide. 1740 begann dann im Frühjahr der Abbruch der alten Eddelaker Marienkirche. Inzwischen wurde auf dem Hofplatz von Thiess Thiessen die Balken wahrscheinlich aus - auf dem Fleet herangeflößten - Bäumen zurechtgesägt. Die Steine der alten Kirche wurden, soweit sie verwendbar waren, unten in den Neubau eingebaut. Deshalb enthält das Mauerwerk verschieden große Steine. Woher die anderen Steine kamen, ist mir nicht bekannt, doch es ist nicht ausgeschlossen, daß sie aus der von Hansen und Wolf genannten sogenannten Steinbackerei in Behmhusen stammten. Als Mörtelbestandteil wurde auch wohl Muschelkalk mit verwendet, was leider immer wieder zu Schwierigkeiten mit dem darin enthaltenen Salpeter führt, der zu Ausblühungen im Putz führt. Johnsen meint, daß das erste Dach der Kirche mit Reth gedeckt wurde und die Pfanneneindeckung erst einige Jahre später nach der Rückzahlung der aufgenommenen Gelder erfolgte. Die Kirche wurde gleich mit einem - in das über 1 m dicke Mauerwerk an der Nordseite eingezogenen Schornstein - versehen, der auch jetzt noch verwendet wird. Das Drape-Epithaph wurde abgenommen und später - leider etwas unvollkommen - in den Neubau wieder eingefügt. Das kirchliche Leben mußte zwangsläufig recht beeinträchtigt werden. Ich vermute, daß in den Sommermonaten der Gottesdienst entweder in der gegenüberliegenden Kirchspielsschule, oder notdürftig in einer Bauerndiele gehalten wurde. Das erklärt auch die immense Baubeschleunigung, denn schon am 3. Advent, der in diesem Jahr auf den 11. Dezember fiel, wurde der Neubau von Pastor Hartnack eingeweiht, weil der Probst erkrankt war.

 

 

Die Baufinanzierung

Der Bau der Kirche war für 14000 Mark verdungen, was natürlich über den Kaufwert dieser Summe nichts aussagt. Hugo Gehrts will herausgefunden haben, daß man dafür einen 80 ha Marschhof kaufen konnte. Dieses Geld mußte zunächst einmal geliehen werden und zwar von

Boje Albers, Averlak
1000 Mark
 
Kammerrat Lienau, Meldorf
1200 Mark
 
Pastor Hellmann, Marne
3000 Mark
 
Justizrat Sommer, Glückstadt
6000 Mark
 
Peter Boje, Josenburg
1000 Mark
 
Konsistorialrat Müller, Meldorf und
 
 

Johann Hartwig Lempfert, Itzehoe zusammen

3200 Mark
 
zusammen
 
15400 Mark

Die geliehene Summe war reichlich, so daß auch die Kosten für Altar und Fenster beglichen werden konnten. Über Vertragsmodalitäten und Verzinsung ist mir nichts bekannt.

Ausgegeben wurden in dem Jahr:

10. Oktober an den Glaser Michael Schröder in Eddelak für Kirchenfenster
300 Mark
 
23. Oktober - Albert Hinrich Burmeister, Wesselburen, für Altar und Kanzel
1500 Mark
 
7. Dezember Johann Georg Schott, Heide,für den Kirchenbau
14000 Mark
 
zusammen
 
15800 Mark

Da ja auch die übrigen Einnahmen des Kirchspiels weiterliefen, ergab sich die Möglichkeit schon am 31. Dezember die von Kammerrat Lienau erst im Mai geliehene Summe einschließlich Zinsen zurückzuzahlen.

Vielleicht kennen Sie die Geschichte, daß ein Kurgast sich einem Einheimischen gegenüber über die im Verhältnis zur Ortsbevölkerung kleine Kirche wundert worauf dieser folgende Erklärung abgibt: Wenn sie (die Einwohner) alle reingingen, so gingen sie nicht alle rein. Da sie aber nicht alle reingehen, so gehen sie eben alle rein. Nun hatte der Kirchgang damals aber eine wesentlich größere Bedeutung als heute, denn neben der geistlichen Erbauung, diente er auch als Kommunikationszentrum und Modenschau. Deshalb kauften sich vermögende Familien Kirchensitze, die ihnen das Nutzungsvorrecht an hohen Feiertragen sicherten. Deshalb kam es 1744 zu einer Versteigerung, die 12815 Mark erbrachte. Allerdings mußten an Inhaber von Kirchensitzen in der alten Kirche pro Platz 5 Mark erstattet werden, was 1825 Mark ausmachte. Rechnen wir einmal aus 1825 : 5 = 365. Also waren in der alten Kirche 365 Platze gewesen, also mindestens ebensoviel wie in der neuen. Der Grund für den Neubau scheint so vor allen Dingen die Baufälligkeit der alten Kirche gewesen zu sein. Bei dieser Versteigerung ergab sich ein Einnahmeüberschuß von 10990 Mark. Das sind fast 70 % der Gesamtbaukosten. Wo wäre so etwas wohl heute möglich?

 

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